Wer mich kennt, ist es gewohnt, auf Briefe und Grüße von mir länger zu warten. Leider.

Ich hatte mich dieses Jahr richtig gefreut auf das Weihnachtsgrüße schreiben – bei jeder neuen Karte, die ich aus dem Briefkasten gefischt habe und dem ausführlich zelebrierten Lesen und dem mich dankbar in die wunderbaren Weihnachtswünsche Einschmiegen, wuchs meine Lust an den Weihnachtstagen zu schreiben.

Tja, dann kam der Heilige Abend und die Feiertage – und in mir war es einfach nur stumm. Keine Ah­nung, was ich hätte schreiben können. Stimmig wäre es gewesen, weiße leere Blätter zu verschicken. Das hab ich mich dann allerdings doch nicht getraut. Wahrscheinlich hätte es dazu ja auch einen längeren Kom­mentar gebraucht: warum, weshalb, weswegen. Ist ja auch nicht Sinn der Sache.

Das hat mich ordentlich verwirrt – und so irgendwie war in mir da so eine Ahnung, dass das gewaltig viel mit Weihnachten zu tun hat: Einfach mal die Klappe halten und sich wundern. Man könnte natürlich auch sagen: Angesichts des Geheimnisses schweigen und staunen. Nur blöd, dass „Klappe halten“ und gleichzei­tig Weihnachtsgrüße verfassen nicht ganz so einfach ist. Das wird zu leicht zu theologensoßig. Das überlasse ich mittlerweile lieber anderen.

So wäre es doch fast bei diesem „Weihnachtsgrüße fallen dieses Jahr aus“ geblieben. Dieses Jahr ja sowieso schon letztes Jahr. Das hat mich ziemlich unzufrieden gemacht. Ich fing an, mich über mich und meine „Schlamperei“ zu ärgern, darüber, dass ich etwas, was mir wichtig ist, nicht tue: Kontakt halten zu Men­schen, mit denen ich mich verbunden fühle. Und natürlich begann ich dann auch noch, mich darüber zu är­gern, dass ich mich ärgere – was ich ja mit großer Meisterschaft betreiben kann. Schlussendlich: Ich ging mir selbst gewaltig auf die Nerven!

Dabei bleibt es aber nicht: Ich bin nämlich in eine wundervolle Weihnachtsgeschichte hinein geraten. Quasi als Hauptdarstellerin. Ohne es zu hoffen oder für möglich zu halten. In ein Krippenspiel 2.0 – wie man es in­zwischen von den ungezählten facebook-Videos gewohnt ist: berührend, ein bisschen mit Stereotypen spie­lend und genau dadurch, das Vertrauen in das Leben wach haltend.

Und diese Weihnachtsgeschichte beginnt, wie alle guten Weihnachtsgeschichten beginnen: Es war kalt. Naja, eigentlich war nur mir kalt. Allerdings bitterkalt. Angespannt, genervt und durchgefroren. Die besten Voraussetzungen, um das Gespräch, in dem ich mich befand, so irgendwo zwischen dem Jammern über das nasskalte Wetter, die gefühlte Abwesenheit der Sonne und allen sonstigen Übeln der Welt in einem unver­bindlichen Plauderton zu halten, einige Schlauheiten über das zu produzieren, was der Anlass dieses Ge­sprächs war – und damit höchst wahrscheinlich meine Unzufriedenheit noch mehr zu nähren. Und es kam anders: Bevor ich recht wusste, wie mir geschah, hatte ich eine Thermoskanne mit Tee neben mir stehen, eine Tasse mit dampfenden Tee vor der Nase – und: eine Wärmflasche in den eiskalten Händen. In einer Umgebung und einer Situation, in die eine Wärmflasche so sehr passt, wie ein Pinguin ans Tote Meer.

Und auf einmal, war alles anders. Ich bin richtig gehend aufgetaut. Das Rauschen der Heizung im Raum und das Pfeifen der Thermoskanne neben mir war zwar nicht gerade das ‚himmlische Heer‘ von dem das Weih­nachtsevangelium erzählt – aber es begleitete ein wirklich himmlisches Schweigen. ‚Der Glanz des Herrn umstrahlte sie‘ heißt es da auch – und vielleicht ist dieses Wort gerade angemessen für das, was da zwi­schen meinem Gesprächspartner und mir da Wirklichkeit wurde. Ein im Schweigen (mit)geteiltes Wissen, für das es keine Worte gibt. Eine Atmosphäre, die Antworten auf Fragen gibt, die noch gar nicht gestellt werden können, weil die sich noch ungedacht im Herzen bewegen. Schweigen, das aus der Stummheit führt und Wärme, die die Verhärtung löst. Eine Leichtigkeit, die die Versatzstücke mühelos zusammen fügt und eine Konzentration bewirkt, in der Aufgaben leicht und Herausforderungen zum Abenteuer werden. Einfach so, weil das genügt, was ist. Um das zu verstehen, dauert es halt manchmal ein bisschen.

Und in diesem Sinn wünsche ich wundervolle Weihnachtstage, immer wieder mal!

Manchmal dauert’s ein bisschen… | Ein Weihnachtsbrief
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