Ich schreibe gerne. Einfach so. Und ich erzähle gerne Geschichten. Liegt wohl am Beruf. Und so entstehen Blogartikel, Predigten, Tagebucheinträge, Emails, handgeschriebene Briefe. Das mag ich. Damit fühl ich mich wohl. Für verschiedene Anlässe, verschiedene Text- und Präsentationsformen. Das fällt mir leicht – und viele Menschen mögen es, von mir zu lesen. Und ich mag es, dass Menschen von dem berührt werden, was ich schreibe.
„Gelesen werden“ ist sowas wie „gesehen werden“ und hat für mich ganz viel mit erkannt werden zu tun. Und wahrscheinlich auch mit anerkannt werden. Und das mag ich auch: erkannt und anerkannt werden.
Das zielt ja nicht nur nach außen: Nie im Leben nicht, würde ich mein Tagebuch veröffentlichen! Aber ich erkenne mich selbst, wenn ich mir mein Leben so von der Seele schreibe: Das geht direkt von der Seele durch den Arm aufs Papier. Und tatsächlich: Die wirklich wichtigen Texte schreibe ich mit der Hand. Die sind anders als Texte, die ich tippe. Weicher, fülliger und zugleich konzentrierter. Vielleicht einfach ‚wesentlicher‘. In diesem Schreiben klärt sich für mich ganz viel. Umso schwieriger mein Leben ist, umso mehr schreibe ich – meistens jedenfalls.
So zu schreiben bedeutet für mich auch: Ich gebe dem, was da in mir ist die Anerkennung, die es verdient. Wenn ich es aufschreibe mache ich es sichtbar – zumindest für mich. Irgendwie wird es dadurch „wirklicher“.
Bei Texten, die veröffentlicht werden sollen, ist es für mich manchmal eine richtige Herausforderung, sie „frei zu lassen“ – sie in die Welt hinaus zu schicken. Da kleb‘ ich erstmal ein ‚handle with care‘ drauf und schick sie Menschen, denen ich vertraue und denen ich zutraue, mit dem was ich da von mir zeige, sorgsam und zärtlich umzugehen. Oder sie werden zu „Camembert“-Texten, die erst eine Weile liegen und reifen müssen, bevor ich sie „zum Verzehr“ anbiete. In solchen Momenten ahne ich immer mal, wie sich wahrscheinlich Künstler fühlen (und weshalb sie ob ihrer Berufung so ab und zu wahnsinnig zu werden drohen…).
Und dann gibt es da noch eine ganz besondere Sorte von Geschichten, von noch nicht geschriebenen Texten. Die kommen mir manchmal vor wie ganz junge Erst-Klässer, die noch mit der Schultüte in der Hand vor meiner Inneren Tür stehen und sich dem „Ernst des Lebens“ stellen wollen (oder müssen?). Unverbrauchte, kleine Wesen, die der Welt echt noch was zu sagen haben – und sich nicht trauen… Die schüchtern da stehen, mit großen Augen, und sich am Liebsten unter den gelben – und irgendwie immer viel zu großen – ABC-Mützen verstecken würden. Die eine liebevolle Hand brauchen, die sie begleitet und ihnen das Gefühl gibt, gut geschützt zu sein.
Während die so da stehen und warten, drängeln sich „die Großen“ vor: Die stürmischen Dritt-Klässer, die Könige des Grundschulpausenhofs, die schon soooo viel wissen und kaum noch Angst haben. Für die schon so viel klar ist. Diese Geschichten haben bei mir eine bessere Chance, aufgeschrieben zu werden.
Irgendwie ganz schön gemein.
Manches will ja nicht erzählt werden – weder mir selbst noch anderen. Darüber zu schweigen – gerne auch mit anderen zusammen – ist ganz schön schlau.
Aber… Grad bei dem zu verstummen, was so wichtig ist für die Welt und für mich, so unverbraucht und so schüchtern und voller Angst – so wie meine „Erst-Klass-Geschichten“: Das ist irgendwie nicht nur gemein, sondern auch ganz schön dumm.
Das sind Geschichten, die gar nicht verstanden werden wollen – weder von mir noch von anderen. Sie wollen sich einfach nur zeigen und die Anerkennung bekommen, die sie verdienen – und mit Zartheit und Liebe behandelt werden. Und ich muss es ihnen einfach nur erlauben – und sie mit Freundschaft und Vertrautheit umhüllen.
Da wird Schreiben zum Selbst-Coaching. Und gut, dass es da Methoden und Übungswege gibt, die mir helfen, das zu sehen, was wirklich ist und dem Ausdruck zu geben, was sich zeigen will!
Wie ist das eigentlich bei Dir? Schreibst Du Tagebuch? Wie geht’s Dir mit den Deinen Geschichten, die nicht so richtig ins Wort kommen können – wie hilfst Du ihnen und gibst ihnen die notwendige Sicherheit, um sich zeigen zu können? Wem teilst Du Dich da mit – auf welchem Wegen?
Ich bin neugierig! Magst Du mir eine Geschichte erzählen?